Emanuel Geibel (1815 bis 1884)



An Ada

Der Wald wird dichter mit jedem Schritt;
Kein Pfad mehr, kein Steig!
Nur die Quelle rieselt mit
Durch Farrenkraut und Brombeergezweig;
Ach, und unter den Eichenbäumen
Das Gras wie hoch, wie weich das Moos!

Und die himmlische Tiefe wolkenlos,
Wie blaut sie durch die Wipfel hier.

Hier will ich rasten und träumen,
Träumen von dir.


Die beiden Engel

O kennst du, Herz, die beiden Schwerterengel,
Herabgestiegen aus dem Himmelreich:
Stillsegnend Freundschaft mit dem Lilienstengel,
Entzündend Liebe mit dem Rosenzweig?
Schwarzlockig ist die Liebe, feurig glühend,
Schön wie der Lenz, der hastig sprossen will;
Die Freundschaft blond, in sanftern Farben blühend,
Und wie die Sommernacht so mild und still;

Die Lieb' ein brausend Meer, wo im Gewimmel
Vieltausendfältig Wog' an Woge schlägt;
Freundschaft ein tiefer Bergsee, der den Himmel
Klar widerspiegelnd in den Fluten trägt.

Die Liebe bricht herein wie Wetterblitzen,
Die Freundschaft kommt wie dämmernd Mondenlicht;
Die Liebe will erwerben und besitzen,
Die Freundschaft opfert, die sie fordert nicht.

Doch dreimal selig, dreimal hoch zu preise
Das Herz, wo beide freundlich eingekehrt,
Und wo die Glut der Rose nicht dem leisen
Geheimnisvollen Blühn der Lilie wehrt!


Die Küsse

In Saloniki war es nicht,
Nicht war's im schmucken Städtchen,
Im am Wlachenland liebt'
Ich einer Witwe Mädchen.

Jetzt schmückte, Mutter, schmück' das Haus,
Und schmücke deinen Garten!
Die Tochter dein so hold und fein
Soll mich als Braut erwarten.

Sie hat die Lippen rosenrot
Gefärbt mit rotem Scheine;
Ich neige mich und küsse sie,
Und färbte auch die meinen.

In dreien Flüssen wusch ich sie
Und färbte rot die Flüsse,
Und färbte rot das Meer dazu
Durch ihre roten Küsse.


Die Liebe gleicht dem April

Die Liebe gleicht dem April:
Bald Frost, bald fröhliche Strahlen,
Bald Blüten in Herzen und Talen,
Bald stürmisch und bald still,
Bald heimliches Ringen und Dehnen,
Bald Wolken, Regen und Tränen -
Im ewigen Schwanken und Sehnen
Wer weiß, was werden will!


Drei Bitten

Drei Bitten hab' ich für des Himmels Ohr,
Die send' ich täglich früh und spät empor:
Zum ersten, daß der Liebe reiner Born
Mir nie versieg' in Ungeduld und Zorn;
Zum zweiten, daß mir, was ich auch vernahm,
Ein Echo weck', ein Lied in Lust und Gram;
Zum dritten, wenn das letzte Lied verhallt
Und wenn der Quell der Liebe leiser wallt,
Daß dann der Tod mich schnell mit sanfter Hand
Hinüberführ' in jenes bessre Land,
Wo ewig ungetrübt die Liebe quillt,
Und wo das Lied als einz'ge Sprache gilt.


Du bist so still, so sanft, so innig

Du bist so still, so sanft, so innig,
Und schau' ich dir ins Angesicht,
Da leuchtet mir verständnisinnig
Der dunklen Augen frommes Licht.

Nicht Worte gibst du dem Gefühle,
Du redest nicht, du lächelst nur;
So lächelt in des Abends Kühle
Der lichte Mond auf Wald und Flur.

In Traumesdämmerung allmählich
Zerrinnt die ganze Seele mir,
Und nur das e i n e fühl' ich selig,
Daß ich vereinigt bin mit dir.


Du fragst mich, du mein blondes Lieb

Du fragst mich, du mein blondes Lieb,
Warum so stumm mein Mund?
Weil mir die Liebe sitzet,
Heimlich sitzet
Im Herzensgrund.

Kann denn die Flamme singen,
Wenn sie zum Himmel will?
Sie schlägt die Flügel hoch und rot,
So hoch und rot,
Und doch so still.

Die Ros' auch kann nicht sprechen,
Wenn sie zur Blüt' erwacht;
Sie glüht und duftet stumm hindurch,
Stumm hindurch,
Die Sommernacht.

So ist auch meine Minne,
Seit du dich mir geneigt;
Sie glüht und blüht im Sinne,
Tief im Sinne,
Aber sie schweigt.


Einkehr

Der Staub ist heiß, die Sonne glüht,
Vom langen Wandern bin ich müd;
Sieh da im Schatten der Linden
Muß ich ein Wirtshaus finden!

Gott grüß dich, schöne Kellnerin!
Du siehst wohl, daß ich müde bin;
O reiche dem durstigen Zecher
Zum Rande voll den Becher!

Dein Wohl, dein Wohl, vielholdes Kind!
Ei, wie dir so rosig die Wangen sind,
Und deine Augen wie Kohlen,
Die funkeln schelmisch verstohlen.

Dein Wein ist süß, dein Wein ist klar;
Doch schau' ich dir auf die Lippen gar,
Da dünkt von deinem Munde
Ein Kuß mir noch süßer zur Stunde.

Da sagst nicht: ja, du sagst nicht: nein!
Da muß ich denn schon herzhaft sein;
Da hast ihn - gib mir ihn wieder! -
Was schlägst du die Augen nieder?

Ein braver Bursch, 'ne schöne Maid,
Wo die sich treffen allezeit,
Da soll ein Küßchen in Ehren
Ihnen kein Narr verwehren.


Es stand ein Veilchenstrauß an meinem Bette

Es stand ein Veilchenstrauß an meinem Bette,
Der duftete mir zu gar süßen Traum:
Ich lag am Abhang einer Hügelkette,
Und überblüht von Veilchen war der Raum;
So viele wuchsen nie an einer Stätte,
Man sah vor ihrem Blau den Rasen kaum;
Da sprach das Herz: Hier ging mein Lieb, das traute,
Und Veilchen sprossten auf, wohin sie schaute.


Goldne Brücken seien

Goldne Brücken seien
Alle Lieder mir,
Drauf die Liebe wandelt,
Süßes Kind, zu dir.

Und des Traumes Flügel
Soll in Luft und Schmerz
Jede Nacht mich tragen
An dein treues Herz.


Im April

Du feuchter Frühlingsabend,
Wie hab' ich dich so gern -
Der Himmel wolkenverhangen,
Nur hier und da ein Stern.

Wie leiser Liebesodem,
Hauchet so lau die Luft,
Es steigt aus allen Talen
Ein warmer Veilchenduft.

Ich möchte' ein Lied ersinnen,
Das diesem Abend gleich,
Und kann den Klang nicht finden,
So dunkel, mild und weich.


Kornblumen flecht' ich dir zum Kranz

Kornblumen flecht' ich dir zum Kranz
Ins blonde Lockenhaar.
Wie leuchtet doch der blaue Glanz
Auf goldnem Grund so klar!

Der blaue Kranz ist meine Lust;
Er sagt mir stets aufs neu',
Wohl keine sei in dieser Brust
Wie du, mein Kind, so treu.

Auch mahnt sein Himmelblau zugleich
Mich heimlich süßer Art,
Daß mir ein ganzes Himmelreich
In deiner Liebe ward.


Mein Herz ist wie die dunkle Nacht

Mein Herz ist wie die dunkle Nacht,
Wenn alle Wipfel rauschen;
Da steigt der Mond in voller Pracht
Aus Wolken sacht -
Und sieh, der Wald verstummt in tiefem Lauschen.

Der Mond, der helle Mond bist du:
Aus deiner Liebesfülle
Wirf e i n e n, e i n e n Blick mir zu
Voll Himmelsruh' -
Und sieh, die ungestüme Herz wird stille.


Minnelied

Es gibt wohl manches, was entzücket,
Es gibt wohl vieles, was gefällt;
Der Mai, der sich mit Blumen schmücket,
Die güldne Sonn' im blauen Zelt.
Doch weiß ich Eins, das schafft mehr Wonne,
Als jeder Glanz der Morgensonne,
Als Rosenblüt' und Lilienreis;
Das ist getreu im tiefsten Sinne
Zu tragen eine fromme Minne,
Davon nur Gott im Himmel weiß.

Wem er ein solches Gut beschieden,
Der freue sich und sei getrost!
Ihm ward ein wunderbarer Frieden,
Wie wild des Lebens Brandung tost.
Mag alles Leiden auf ihn schlagen:
Sie lehrt ihn nimmermehr verzagen,
Sie ist ihm Hort und sichrer Turm;
Sie bleibt im Labyrinth der Schmerzen
Die Fackelträgerin dem Herzen,
Bleibt Lenz im Winter, Ruh im Sturm.

Doch suchst umsonst auf irrem Pfade
Die Liebe du im Drang der Welt;
Denn Lieb' ist Wunder, Lieb' ist Gnade,
Die wie der Tau vom Himmel fällt.
Sie kommt wie Nelkenduft im Winde,
Sie kommt, wie durch die Nacht gelinde
Aus Wolken fließt des Mondes Schein;
Da gilt kein Ringen, kein Verlangen,
In Demut magst du sie empfangen,
Als kehrt' ein Engel bei dir ein.

Und mit ihr kommt ein Bangen, Zagen,
Ein Träumen, aller Welt versteckt;
Mit Freuden mußt du Leide tragen,
Bis aus dem Leid ihr Kuß dich weckt;
Dann ist dein Leben ein geweihtes,
In deinem Wesen blüht ein zweites,
Ein reineres voll Licht und Ruh;
Und todesfroh in raschen Fluten
Fühlst du das eigne Ich verbluten,
Weil du nur wohnen magst im Du.

Das ist die köstlichste der Gaben,
Die Gott dem Menschenherzen gibt,
Die eitle Selbstsucht zu begraben,
Indem die Seele glüht und liebt.
O süß Empfangen, sel'ges Geben!
O schönes Ineinanderweben!
Hier heißt Gewinn, was sonst Verlust.
Je mehr du schenkst, je froher scheinst du,
Je mehr du nimmst, je sel'ger weinst du -
O gib das Herz aus deiner Brust.

In ihrem Auge deine Tränen,
Ihr Lächeln sanft um deinen Mund,
Und all dein Denken, Träumen, Sehnen,
Ob's dein, ob's ihr, dir ist's nicht kund.
Wie wenn zwei Büsche sich verschlingen,
Aus denen junge Rosen springen,
Die weiß, die andern rot erglüht,
Und keiner merkt, aus wessen Zweigen
Die hellen und die dunklen steigen:
So ist's; du fühlest nur: es blüht.

Es blüht; es ist ein Lenz tiefinnen,
Ein Geisteslenz für immerdar;
Du fühlst in dir die Ströme rinnen
Der ew'gen Jugend wunderbar.
Die Flammen, die in dir frohlocken,
Sind stärker als die Aschenflocken,
Mit denen Alter droht und Zeit;
Es leert umsonst der Tod den Köcher,
So trinkst du aus der Liebe Becher
Den süßen Wein: Unsterblichkeit.

Spät ist es - hinter dunkeln Gipfeln
Färbt golden sich der Wolken Flaum;
Tiefrötlich steigt aus Buchenwipfeln
Der Mond empor am Himmelssaum.
Der Wind fährt auf in Sprüngen, losen,
Und spielet mit den weißen Rosen,
Die rankend blühn am Fenster mir.
O säuselt, säuselt fort, ihr Lüfte,
Und tragt getaucht in Blumendüfte
Dies Lied und meinen Gruß zu ihr!


Nachtlied

Der Mond kommt still gegangen
Mit seinem goldnen Schein,
Da schläft in holdem Prangen
Die müde Erde ein.

Im Traum die Wipfel weben,
Die Quellen rauschen sacht;
Singende Engel durchschweben
Die blaue Sternennacht.

Und auf den Lüften schwanken
Aus manchem treuen Sinn
Viel tausend Liebesgedanken
Über die Schläfer hin.

Und drunten im Tale da funkeln
Die Fenster von Liebchens Haus;
Ich aber blicke im Dunkeln
Still in die Welt hinaus.


Rühret nicht daran

Wo still ein Herz von Liebe glüht,
O rühret, rühret nicht daran!
Den Gottesfunken löscht nicht aus -
Fürwahr, es ist nicht wohlgetan!

Wenn's irgend auf dem Erdenrund
Ein unentweihtes Plätzchen gibt,
So ist's ein junges Menschenherz,
Das fromm zum erstenmale liebt.

O gönnet ihm den Frühlingstraum,
In dem's voll ros'gen Blüten steht!
Ihr wißt nicht, welch ein Paradies
Mit diesem Traum verloren geht.

Es brach schon manch ein starkes Herz,
Da man sein Lieben ihm entriß,
Und manches duldend wandte sich
Und ward voll Haß und Finsternis;

Und manches, das sich blutend schloß,
Schrie laut nach Luft in seiner Not
Und warf sich in den Staub der Welt;
Der schöne Gott in ihm war tot.

Dann weint ihr wohl und klagt euch an,
Doch keine Träne heißer Reu'
Macht eine welke Rose blühn,
Erweckt ein totes Herz aufs neu'.


So halt' ich endlich dich umfangen

So halt' ich endlich dich umfangen,
In süßes Schweigen starb das Wort,
Und meine trunk'nen Lippen hangen
An deinen Lippen fort und fort.

Was nur das Glück vermag zu geben,
In sel'ger Fülle ist es mein:
Ich habe dich, geliebtes Leben,
Was braucht es mehr als dich allein?

O, decke jetzt des Schicksals Wille
Mit Nacht und Welt und ihre Zier,
Und nur dein Auge schwebte stille,
Ein blauer Himmel, über mir!


Vorüber!

O darum ist der Lenz so schön
Mit Duft und Strahl und Lied,
Weil singend über Tal und Höh'n
So bald er weiter zieht;

Und darum ist so süß der Traum,
Den erste Liebe webt,
Weil schneller als die Blüt' am Baum
Er hinwelkt und verschwebt.

Und doch! Er läßt so still erwärmt,
So reich das Herz zurück;
Ich hab' geliebt, ich hab' geschwärmt,
Ich preis' auch das als Glück.

Gesogen hab' ich Strahl auf Strahl
Ins Herz den kurzen Tag;
Die schöne Sonne sinkt zu Tal.
Nun komm', was kommen mag!

Sei's bittres Leid, sei's neue Lust,
Es soll getragen sein:
Der sichre Schatz in meiner Brust
Bleibt dennoch ewig mein.


Vorüber ist die Rosenzeit

Vorüber ist die Rosenzeit,
Und Lilien stehn im Feld;
Doch drüber liegt so klar und weit
Das blaue Himmelszelt.

Fahr hin, du qualvoll Lust,
Du rasches Liebesglück!
Du ließest doch in meiner Brust
Ein ruhig Licht zurück.

Und nach dem Drang von Freud' und Leid
Deucht mir so schön die Welt;
Vorüber ist die Rosenzeit,
Und Lilien stehn im Feld.


Wenn die Reb' im Safte schwillt

Wenn die Reb' im Safte schwillt,
Kommt die Schwalbe geflogen,
Wenn das Aug' in Tränen quillt,
Kommt die Lieb gezogen.

Blume, Laub und weiße Blüt'
Muß sich rasch entfalten.
Schwarzbraun Kind, dein Herz behüt',
Wirst es nicht behalten.


Wenn die Sonne hoch und heiter

Wenn die Sonne hoch und heiter
Lächelt, wenn der Tag sich neigt,
Liebe bleibt die goldne Leiter,
Drauf das Herz zum Himmel steigt;

Ob der Jüngling sie empfinde,
Den es zur Geliebten zieht,
Ob die Mutter sie dem Kinde
Sing' als süßes Wiegenlied,

Ob der Freund dem Freund sie spende,
Den er fest im Arme hält,
Ob der hohe Greis sie wende
Auf den weiten Kreis der Welt,

Ob der Heimat sie der Streiter
Zolle, wenn er wund sich neigt:
Liebe bleibt die goldne Leiter,
Drauf das Herz zum Himmel steigt.


Wenn sich zwei Herzen scheiden

Wenn sich zwei Herzen scheiden,
Die sich dereinst geliebt,
Das ist ein großes Leiden,
Wie's größ'res nimmer gibt.
Es klingt das Wort so traurig gar:
Fahr wohl, fahr wohl auf immerdar!
Wenn sich zwei Herzen scheiden,
Die sich dereinst geliebt.

Als ich zuerst empfunden,
Daß Liebe brechen mag:
Mir war's, als sei verschwunden
Die Sonn' am hellen Tag.
Mir klang's im Ohre wunderbar:
Fahr wohl, fahr wohl auf immerdar!
Da ich zuerst empfunden,
Daß Liebe brechen mag.

Mein Frühling ging zu Rüste,
Ich weiß es wohl, warum,
Die Lippe, die mich küßte,
Ist worden kühl und stumm.
Das eine Wort nur sprach sie klar:
Fahr wohl, fahr wohl auf immerdar!
Mein Frühling ging zu Rüste,
Ich weiß es wohl, warum.


Wie es geht

Sie redet ihr zu: "Er liebt dich nicht,
Er spielt mit dir!" da senkt sie das Haupt
Und Tränen perlten ihr vom Angesicht,
Wie Tau von Rosen. Weh! daß sie's geglaubt,
Denn als er kam und zweifelnd fand die Braut,
Ward er voll Trotz, nicht trübe wollt' er scheinen;
Er sang und spielte, trank und lachte laut -
Um dann die Nacht hindurch zu weinen.

Wohl pocht ein guter Engel an ihr Herz
- Er ist doch treu, gib ihm die Hand, o gib! -
Wohl fühlt auch er durch Bitterkeit und Schmerz
"Sie liebt dich doch, sie ist ja doch dein Lieb,"
Ein freundlich Wort nur sprich, ein Wort vernimm,
So ist der Zauber, der euch trennt, gebrochen!
Sie gingen, sah'n sich - o, der Stolz ist schlimm -
Das eine Wort blieb ungesprochen.

So schieden sie! und wie im Münsterchor
Verglimmt der Altarlampe roter Glanz,
Erst wird er matt - dann flackert er empor
Noch einmal hell, - und dann verlischt er ganz,
So starb die Lieb' in ihnen, erst beweint,
Dann heiß zurückersehnt und dann vergessen.
Bis sie zuletzt, es sei ein Wahn gemeint,
Daß sie sich je dereinst besessen.

Nur manchmal fuhren sie im Mondenlicht
Vom Kissen auf, von Tränen war es naß,
Und naß von Tränen war auch ihr Gesicht,
Geträumet hatten sie - ich weiß nicht was,
Dann dachten sie der alten schönen Zeit
Und an ihr nichtig Zweifeln, an ihr Scheiden,
Und wie sie nun so weit, so ewig weit!
O, Gott vergib! - vergib den beiden!


Wohl lag ich einst in Gram und Schmerz

Wohl lag ich einst in Gram und Schmerz,
Da weint' ich Nacht und Tag;
Nun wein' ich wieder, weil mein Herz
Sein Glück nicht fassen mag.

Mir ist's, als trüg' ich in der Brust
Das ganze Himmelreich -
O höchstes Leid, o höchste Lust,
Wie seid ihr euch so gleich!


Wolle keiner mich fragen

Wolle keiner mich fragen,
Warum mein Herz so schlägt.
Ich kann's nicht fassen, nicht sagen,
Was mich bewegt.

Als wie im Träume schwanken
Trunken die Sinne mir,
Alle meine Gedanken
Sind nur bei dir.

Ich hab die Welt vergessen,
Seit ich dein Auge gesehn.
Ich möchte dich an mich pressen
Und still im Kuß vergehn.

Mein Leben möchte' ich lassen
Um ein Lächeln von dir
Und du - ich kann's nicht fassen,
Versagst es mir.

Ist's Schicksal, ist's dein Wille,
Du siehst mich nicht -
Nun wein' ich stille, stille,
Bis mir das Herz zerbricht.