Theodor Körner (1791 bis 1813)



An Adelaiden

Es regt sich das Herz mit entzückender Glut
Mir im Gemüt!
Es wallt mir im Busen die heilige Flut,
Heilig im Liede.
Unsichtbare Mächte ziehen mich hin,
Es sehnt sich zu dir der liebende Sinn,
Adelaide!

Das heiße Verlangen, mit Schweigen verhüllt,
Keimte zur Blüte;
Dem Auge vorschwebet dein liebliches Bild,
Strahlend voll Güte.
Es störte das Herz aus wonniger Ruh;
Sein einziges Ziel, sein Streben bist du,
Adelaide!

O, schenke dem Leben die Harmonie,
Eh es verglühte;
Mir spiegelt im Wogen der Phantasie
Himmlischer Friede.
Da schwillt mir von süßer göttlicher Lust
Das liebende Herz in der liebenden Brust,
Adelaide!

Dem Baum der Liebe sprosset empor
Ewige Blüte,
Es ringt sich der Klang aus der Tiefe hervor,
Tönend im Liede;
Er waltet so lieblich, er waltet so frei
Und flüstert ins Ohr dir: Der Sänger ist treu,
Adelaide!


An die Geliebte

Heil'ger Frieden liegt in klaren Tönen
Auf der eingeschlummerten Natur,
Und des Mondes sanfte Schimmer krönen
Dort den Wald mit seinen dunklen Söhnen,
Dort den Berg und dort die Wiesenflur.

Und ich bade mir im Windeshauche
Meine heiße, wildbewegte Brust,
Wie ich da mich in Erinnrung tauche,
Drängen sich in's klare Seelenauge
Alle Bilder sel'ger Liebeslust.

Wie du mir zum ersten Mal erschienen,
Ach, ich seh' dich jetzt noch vor mir stehn,
Wie du mir mit diesen Engelsmienen
Wie aus ferner Himmelswelt erschienen;
Mädchen, du warst gar zu wunderschön!

Wie ich dann ein still unendlich Lieben
In der treuen Dichterbrust empfand,
Und zuletzt, von heißer Glut getrieben,
Dir der ersten, ersten Brief geschrieben
Und verwegen mein Gefühl gestand.

Seligkeit, nun drängen deine Keime
Ihre Blüten in die volle Brust,
Lebenswarm in heitre Sonnenräume
Jubeln die entzückten Frühlingsträume
Die Verklärung ihrer heil'gen Lust.

Denn ich sehe mich auf meinen Knien
Liegend vor dem heiligen Altar,
Sehe Seelen ineinander sprühen,
Kuß auf Kuß und Wang' an Wange glühen,
Gottes Frieden und ein selig Paar.

Strahlenjubel leuchtet aus den Blicken,
Der sich klar durch Nacht und Nebel webt; -
Dich an's treue, warme Herz zu drücken,
Nenn mir, Geliebte, das Entzücken
Das durch alle Nervenzweige bebt!

Nenne mir der Seele Wunderbeben;
Ich bin mild und ungestüm zugleich,
Fühle sanften Frieden mich umschweben,
Und bin doch dem Sturme hingegeben,
Bin trotz meiner Felsenkühnheit weich.

Und ich suche - - aber schweigt, ihr Träume!
Seht ihr's nicht, wie's dort im Osten graut?
Liederfrühling, schließe deine Keime,
Bis ich neu in frischen Wellen schäume,
Gute Nacht, du meine süße Braut!


An meine Zither

Singe in heiliger Nacht, du, meines Herzens Vertraute,
Freundliche Zither, ein Lied, hier, wo die Liebliche wohnt.
Sanft umflüstre dein Ton den süßen Traum der Geliebten,
Und des Sängers Bild zaubre die Schlummer ihr vor. -
Ach! wie gleicht dir mein Herz: da sind die Saiten Gefühle;
Und - ist's die Liebe nicht auch, die es zum Wohllaut gestimmt?


An Sie

Im vollen Taumel heißer Liebeswonne
Glänzt freudig mir des Lebens gold'ne Sonne
Hellflammend durch des Morgens Rosentore
Im Strahlenflore.

Zum schönsten Erdenglück bin ich gesegnet;
Du, Heilige, bist liebend mir begegnet,
Längst strahltest du mir, wie im Kranz der Sterne,
In weiter Ferne.

Da wich die Nacht, das Licht der Seele tagte! -
Als ich den Blick kühn zu erheben wagte,
Ward es mir klar, was mir das Herz erfüllte,
In deinem Bilde.

In deiner Stimme sanften Harmonien
Faßt mich Begeisterung mit heil'gem Glühen,
Und Wonne quillt mir, seliges Entzücken,
Aus deinen Blicken.

Wär' es wohl Liebe, die im Herzen lodert,
Und stolz der Seele volle Allkraft fordert,
Wollt' ich die Mauern mutig nicht berennen,
Die uns noch trennen?

Und soll ein Wort aus deines Mundes Hauch,
Ein süßer Blick aus deinem Himmelsauge,
Ein Lächeln, sich der Gottheit zu bemeistern,
Mich nicht begeistern?

Mit ew'gen Banden hältst du mich umschlungen,
Nur eine Sehnsucht hat das Herz durchdrungen
Drum schwör' ich dir in heil'ger Liebesweihe
Den Schwur der Treue.

Mag auch die Zeit mich feindlich jetzt umtoben,
Sink' ich nur einst, zur Flammenglut erhoben,
Wenn meine Taten ernst am Ziele fußen,
An deinen Busen.

An deiner Brust wollt' ich die Welt vergessen,
Mich an Glückseligkeit mit Göttern messen.
Ach! aller Sehnsucht Ziel ist liebestrunken
In dir versunken.

Sanft, wie das Lied sich wiegt in Zaubertönen,
Sollt mich Liebe jeder Qual versöhnen,
Den Dornenkranz mit Rosenpracht verweben,
Und ewig leben.

Droht einst des Schicksals eh'rne Kraftzerstörung,
Mein Engel flüstert mir des Trostes Worte: Verklärung,
Und sterbend kann in deinen Liebesarmen
Das Herz erwarmen.

Wenn ich vollendet dann der Gruft entsteige,
Wandl' ich noch einsam in des Himmels Reiche,
Dort find' ich nicht der Seele stillen Frieden,
Von dir geschieden.

Da harr' ich dein am Tor' der Paradiese,
Bis ich verklärt den Geist der Liebe grüße;
Dann schweben wir, geführt von Lieb' und Wahrheit,
Zur ew'gen Klarheit!


Aus der Ferne

Auf schnellem Fittig ist die Zeit verschwunden
Unwiederbringlich! - Nur Erinn'rung lebt,
Ein schöner Traum, von Nebeldunst umwebt,
Ein heiliges Vermächtnis jener Stunden.

Heil mir, daß ich der Tage Glück empfunden,
Daß kühn mein Herz zu stolzen Höhen strebt.
Dein Bild ist's, das so freundlich mich umschwebt.
Ach! wär' ich frei und wär' ich nicht gebunden!

Du strahlst mir in des Aufgangs Rosengluten,
Ich sehe dich im Sternensaal der Nacht,
Dich spiegeln mir des Teiches Silberfluten,

Dich zaubert mir des Frühlings reiche Pracht,
Sanft murmelt's mir im klaren Wasserfall,
Und deinen Namen ruft der Wiederhall.


Bitte

Du hast es mir in einer schönen Stunde
Halb zugesagt:
Und war die Bitte auch zu kühn gewagt,
Im Munde
Bescheidner Liebe ist kein Wort verwegen;
Und wenn der Morgen noch so zeitig tagt,
Die Sonne lächelt doch dem Freund entgegen!

Um eine Locke hab' ich dich gebeten.
Kannst du dem Flehn
Der treusten Liebe grausam widerstehn?
Die Fäden
Des Menschenlebens winden Zauberhände;
Nur wo der Liebe stille Blüten wehn,
Da hat des Erdgeists finsteres Reich ein Ende.

Gib mir die Locke! Auf dem treuen Herzen
Bewahr' ich sie,
Ein Talisman für Sturm und Phantasie.
Verschmerzen
Will ich die Perlen in den trüben Blicken,
Den rauhen Eingriff in die Harmonie,
Kann ich sie sehn und an die Lippen drücken.

Es ist so schön, die Menschen glücklich machen;
Du kannst es jetzt.
O, nicht den schönen Augenblick verletzt!
Es wachen
Viel gute Geister über unsre Schmerzen;
Und ob man Augen trocknet oder netzt,
Das schreiben sie in ihre klaren Herzen.


Das war ich

Jüngst träumte mir, ich sah auf lichten Höhen
Ein Mädchen sich im jungen Tag ergehen,
So hold, so süß, daß es dir völlig glich.
Und vor ihr lag ein Jüngling auf den Knien,
Er schien sie sanft an seine Brust zu ziehen,
U n d d a s w a r i c h !

Doch halb verändert hatte sich die Szene,
In diesen Fluten sah ich jetzt die Schöne,
Wie ihr die letzte, schwache Kraft entwich.
Da kam ein Jüngling hilfreich ihr geflogen,
Er sprang ihr nach und trug sie aus den Wogen,
U n d d a s w a r i c h !

So malte sich der Traum in bunten Zügen,
Und überall sah ich die Liebe fliegen,
Und alles, alles drehte sich um dich!
Du flogst voran in ungebund'ner Freie,
Der Jüngling zog dir nach in stiller Treue,
U n d d a s w a r i c h !

Und als ich endlich aus dem Traum erwachte,
Der neue Tag die neue Sehnsucht brachte,
Da blieb dein liebes, süßes Bild um mich.
Ich sah dich von der Küsse Glut erwarmen,
Ich sah dich selig in des Jünglings Armen,
U n d d a s w a r i c h !

Da trat'st du endlich auf des Lebens Wegen
Mit holder Anmut freundlich mir entgegen,
Und tiefe, heiße Sehnsucht faßte mich.
Sahst du den Jüngling nicht mit trunk'nen Blicken?
Es schlug sein Herz im seligen Entzücken!
U n d d a s w a r i c h !

Du zogst mich in den Kreis des höhern Lebens,
In die vermählt sich alle Kraft des Strebens,
Und alle meine Wünsche rufen dich.
Hat einer einst dein Herz davon getragen,
Dürft' ich nur dann mit lautem Munde sagen:
J a, d a s w a r i c h !


Das warst Du

Der Morgen kann auf rosichtem Gefieder
Und weckte mich aus stiller Ruh';
Da wehte sanft Begeist'rung zu mir nieder,
Ein Ideal verklärte meine Lieder,
U n d d a s w a r s t D u !

Bald aber warf in heißer Mittagsschwüle
Die Sonne ihre Glut mir zu;
Da schwoll die Brust im höheren Gefühle,
Mein ganzes Streben flog zu einem Ziele,
U n d d a s w a r s t D u !

Doch endlich wehte den durchglühten Fluren
Der Abend süße Kühlung zu,
Und nur ein Bild in duftigen Konturen
Unschwebte mich auf leisen Geisterspuren,
U n d d a s w a r s t D u !

Und aus dem Meer kam die nacht gestiegen,
Und lockte mich zur süßen Ruh';
Da träumt' ich, hold an süßer Brust zu liegen,
In eines Mädchens Arme mich zu wiegen,
U n d d a s w a r s t D u !

Doch ach! das schöne Bild ward mir entrissen,
Die Welt der Träume schloß sich zu!
O laß mich wachend jetzt das Glück genießen;
Dann ruf' ich laut, durchglüht von deinen Küssen:
J a, d a s w a r s t D u !


Die Augen der Geliebten

Augen, zarte Seelenblüten,
Klare Perlen ew'ger Liebe,
Augen, ihr verehrte Augen,
Meiner Herrin lichte Sterne,
Laßt Euch von des Sängers Liedern
Sanfte Frühlingstöne wehn!

Alles, was das Leben heiligt,
Trägt die Ahnung seiner Seele,
Trägt den stillen Schmuck der Augen;
Nicht der Mensch allein, der stolze,
Auch der Frühling, auch die Erde,
Auch des Tages Wechselgruß.

In der Erde dunklen Tiefen
Stehn die klaren Diamanten
Wie ein ewig blühend Auge;
Rosenaugen hat der Frühling,
Und der Tag hat seine Sonne,
Ihre Sterne hat die Nacht:

Aber ihr, verehrte Augen,
Meiner Herrin lichte Sterne,
Klare Perlen ew'ger Liebe,
Augen, zarte Seelenblüten, -
Solche liebe, guten Augen,
Solche Augen sind es nicht.

Nicht so klar sind Diamanten,
Die in dunkler Tiefe leuchten,
Nicht so lieblich Frühlingsrosen
An des Lebens zartem Busen,
Nicht so mild die ew'gen Sterne,
Nicht so hell der junge Tag.

Was im Leben schön und edel,
Les' ich klar in eurem Schimmer;
Was das Jenseits dort verschleiert,
Leuchtet mir in eurer Freude,
Leuchtet mir in euren Tränen
Wie aus Himmelsferne zu.

Und so hört des Sängers Grüße! -
Wollt ihr freundlich nicht dem Jüngling
Wie die ew'gen Dioskuren
Leuchten durch des Lebens Wogen?
Augen, zarte Seelenblüten,
Wollt ihr meine Sterne sein?


Die Harmonie der Liebe

Einst vom Schlummer überwältigt,
Lag ich auf der weichen Matte,
Und im Träume nahte Phöbos,
In der Hand die Leier haltend.
Golden wiegten sich die Locken
Auf der hohen Götterstirne,
Und den Feuerblick des Auges
Seiner Sonne zugewendet,
Griff er mutig in die Saiten.
Da umrauschten Harmonien
Himmlisch meine trunk'nen Sinne,
Und das Lied des Götterhünglings
Strömte feurig durch die Glieder.
Plötzlich aber schwang der Sänger
Auf sich von der stolzen Erde,
Und den gold'nen Sternen näher,
Schwand das holde Lied des Gottes,
Immer leiser, immer leiser,
Bis das Element des Einklangs
Sich in süßes Weh'n verwandelt. -
Da erwacht' ich, und Apollo's
Liede noch begierig lauschend,
Griff ich hastig nach der Leier,
Um den Nachhall meines Herzens
Auszuatmen in der Saiten
Süß berauschendem Getöne.
Doch ich suchte nur vergebens
Nach der Harmonie des Gottes,
Und der Saiten stimmten keine
Mit dem himmlisch reinen Liede,
Das mir tief im Herzen wogte.
Finster starrt' ich in die Lüfte,
Und verwünschte meine Leier. -
Plötzlich aber weckten Küsse
Mich aus meinen düstern Träumen:
Leis' war Chloris hergeschlichen,
Und verscheuchte schnell den Unmut
Durch das süße Spiel der Liebe.
Ach, und jetzt in ihren Armen,
Ihr am liebeswarmen Busen,
Strömte mir ein neues Leben,
Neue Kraft durch alle Glieder,
Und der Liebe süß'ster Einklang
Wogte mich im trunk'nen Herzen;
Schöner, heiler und reiner,
Als das Lied des Götterjungen.


Liebesrausch

Dir, Mädchen, schlägt mit leisem Beben
Mein Herz von Treu' und Liebe zu.
In dir, in dir versinkt mein Streben,
Mein schönstes Ziel bist du!
Dein Name nur in heil'gen Tönen
Hat meine kühne Brust gefüllt;
Im Glanz des Guten und des Schönen
Strahlt mir dein holdes Bild.

Die Liebe sproßt aus zarten Keimen,
Und ihre Blüten welken nie!
Du, Mädchen, lebst in meinen Träumen
Mit süßer Harmonie.
Begeist'rung rauscht auf mich hernieder,
Kühn greif' ich in die Saiten ein,
Und alle meine schönsten Lieder,
Sie nennen dich allein.

Mein Himmel glüht in deinen Blicken,
An deiner Brust mein Paradies.
Ach, alle Reize, die dich schmücken,
Sie sind so hold, so süß.
Es wogt die Brust in Freud' und Schmerzen,
Nur e i n e Sehnsucht lebt in mir.
Nur e i n Gedanke hier im Herzen:
Der ew'ge Drang nach dir.


Liebeständelei

Süßes Liebchen! Komm' zu mir!
Tausend Küsse geb' ich dir.
Sieh' mich hier zu deinen Füßen.
Mädchen deiner Lippen Glut
Gibt mir Kraft und Lebensmut.
Laß dich küssen!

Mädchen, werde doch nicht rot!
Wenn's die Mutter auch verbot.
Sollst du alle Freuden missen?
Nur an des Geliebten Brust
Blüht des Lebens schönste Lust.
Laß dich küssen!

Liebchen, warum zierst du dich?
Höre doch, und küsse mich.
Willst du nichts von Liebe wissen?
Wogt dir nicht dein kleines Herz
Bald in Freuden, bald in Schmerzen?
Laß dich küssen!

Sieh', dein Sträuben hilft dir nicht;
Schon hab' ich nach Sängers Pflicht
Dir den ersten Kuß entrissen! -
Und nun sinkst du, liebewarm,
Willig selbst in meinen Arm.
Läßt dich küssen!


Nähe der Geliebten

Ich denke dein im Morgenlicht der Maien,
Im Sonnenglanz;
Ich denke dein, wenn mich die Sterne freuen
Am Himmelskranz.

Ich sorg' um dich, wenn in des Berges Wettern
Der Donner lauscht;
Du schwebst mir vor, wenn in den dunkeln Blättern
Der Zephyr rauscht.

Ich höre dich, wenn bei des Abends Gluten
Die Lerche schwirrt;
Ich denke dein, wenn durch des Teiches Fluten
Der Nachen irrt.

Wir sind vereint, uns raubt der Tod vergebens
Der Liebe Lust;
O, lass' mich ruhn, du Sonne meines Lebens,
An deiner Brust!


Schön und Erhaben

Stolz und herrlich erscheint d a s E r h a b e n e, mit göttlicher Großkraft,
Und der bewundernde G e i s t staune mit heiliger Furcht.
Doch mit stiller Gewalt, in süßer, lieblicher Anmut,
Naht sich d a s S c h ö n e; es schlägt, selig begeistert, d a s H e r z.
Wenn d a s E r h a b ' n e sinkt, dann, stolz und groß noch im Falle,
Stürzt es durch göttliche Macht, und es erzittert die Welt.
Aber d a s S c h ö n e bleibt, es kann nicht verblüh'n und versinken,
Und in der liebenden Brust strahlt es mit ew'ger Glut.


Sehnsucht

Kennst du der Sehnsucht Schmerzen
Tief im Herzen?
Ein glühend Verlangen,
Ein ewiges Bangen,
Ein ewiges Streben!
Wie Qual und Lust
So still in der Brust
Mit tiefem Beben
Sich innig verweben!
Weit in die Ferne,
Himmelwärts,
In den Kreis der Sterne
Sehnt sich das Herz.
Ein schöner Morgen
Bricht glühend heran;
Doch der Liebe Sorgen
Zerstören den Wahn.
Ach, daß es doch bliebe,
Dies Paradies!
Der Wahn der Liebe
Ist gar so süß.
Es ist der Gottheit lebendiger Strahl,
Und das Leben entflieht mit dem Ideal!


Sehnsucht der Liebe

Wie dich Nacht mit heil'gem Beben
Auf der stillen Erde liegt!
Wie sie sanft der Seele Streben,
Üpp'ge Kraft und volles Leben
In den süßen Schlummer wiegt!

Abr mit ewig neuen Schmerzen
Regt sich die Sehnsucht in meiner Brust.
Schlummer auch alle Gefühle im Herzen,
Schweigt in der Seele Qual und Lust:
Sehnsucht der Liebe schlummert nie,
Sehnsucht der Liebe wacht spät und früh.

Leis', wie Aeolsharfentöne,
Weht ein sanfter Hauch mich an.
Hold und freundlich glänzt Selene,
Und in milder, geist'ger Schöne
Geht die Nacht die stille Bahn.

Aber auf kühnen, stürmischen Wegen
Führt die Liebe den trunkenen Sinn.
Wie alle Kräfte gewaltig sich regen!
Ach! und die Ruhe der Brust ist dahin:
Sehnsucht der Liebe schlummert nie,
Sehnsucht der Liebe wacht spät und früh.

Tief, im süßen, heil'gen Schweigen,
Ruht die Welt und atmet kaum,
Und die schönsten Bilder steigen
Aus des Lebens bunten Reigen,
Und lebendig wird der Traum.

Aber auch in des Traumes Gestalten
Winkt mir die Sehnsucht, die schmerzliche, zu,
Und ohn' Erbarmen, mit tiefen Gewalten,
Stört sie das Herz aus der wonnigen Ruh':
Sehnsucht der Liebe schlummert nie,
Sehnsucht der Liebe wacht spät und früh.

So entschwebt der Kreis der Horen,
Bis der Tag im Osten graut.
Da erhebt sich, neugeboren
Aus des Morgens Rosentoren,
Glühendhell die Himmelsbraut.

Aber die Sehnsucht in meinem Herzen
Ist mit dem Morgen nur stärker erwacht;
Ewig verjüngen sich meine Schmerzen,
Quälen den Tag und quälen die Nacht:
Sehnsucht der Liebe schlummert nie,
Sehnsucht der Liebe wacht spät und früh.


Ständchen

Alles wiegt die stille Nacht
Tief in süßen Schlummer;
Nur der Liebe Sehnsucht wacht
Und der liebe Kummer.
Mich umschleichen bandenfrei
Nächtliche Gespenster;
Doch ich harre still und treu
Unter deinem Fenster.

Holdes Mädchen, hörst du mich?
Willst du länger säumen?
Oder wiegt der Schlummer dich
Schon in süßen Träumen?
Nein, du bist gewiß noch wach;
Hinter Fensters Gittern
Seh' ich ja im Schlafgemach
Noch das Lämpchen zittern.

Ach, so blicke, süßes Kind,
Aus dem Fenster nieder!
Leise wie der Abendwind
Flüstern meine Lieder;
Doch verständlich sollen sie
Meine Sehnsucht klagen
Und mit sanfter Harmonie
Dir: "Ich liebe!" sagen.

Was die treue Liebe spricht,
Wird die Liebe hören.
Aber länger darf ich nicht
Deine Ruhe stören.
Schlummre, bis der Tag erwacht,
In dem warmen Stübchen.
Drum, feins Liebchen, gute Nacht,
Gute Nacht, feins Liebchen!


Wehmut der Liebe

Ach, daß im lauten Spiel des Lebens
Nicht eine Seele mich versteht!
Es klagt mein tiefes Lied vergebens,
Es wird von Zephyrhauch verweht!
Die Liebe nur kennt meinen Schmerz,
Die Liebe nur versteht mein Herz.

Sie weckte mich mit zarten Tönen
Aus meiner Jugend leichtem Spiel,
Das Ideal des höchsten Schönen
Durchflammte glühend mein Gefühl;
Da zog, was tief im Herzen schlug,
Hinauf, hinauf mit Adlerflug.

Doch all mein Sehnen war vergebens
Und mein Elysium zerstört.
Mir ward das höchste Glück des Lebens,
Das Glück der Liebe, nicht beschert.
Wenn überall die Hoffnung spricht, -
Umsonst, umsonst, mich ruft sie nicht!

Zwar noch ein Trost ist mir geblieben,
Ein Trost für das zerriss'ne Herz;
Denn ward mir nicht das Glück zu lieben,
So ward mir doch der Liebe Schmerz;
Er ist, ich fühl's in meiner Brust,
Noch mehr als alle Erdenlust.


Wie sie eine Kornähre in der Hand zu blühen brachte

Ein jeder Wunsch, den in des Herzens Räumen
Mit zartem Sinne zarte Herzen pflegen,
Blüht herrlich auf mit wunderbarem Segen,
Kann nimmer seines Lebens Tag versäumen.

Und so machst du in heitern Frühlingsträumen
Verborg'ne Kraft sich in den Pflanzen regen;
Zum zweiten Male sproßt sie dir entgegen,
Und neue Blüten lockst du aus den Keimen.

Und so auch wogt, hat mich dein Blick getroffen,
Ein heißes Sehnen tief in meinem Busen,
Und schneller, als die Blüten dir geblüht,

Erglüht mein Herz mit jugendlichem Hoffen,
Der Genius ergreift mich und die Musen,
Und deine Anmut singt mein kühnes Lied.


Worte der Liebe

Worte der Liebe, ihr flüstert so süß,
Wie Zephyrswehen im Paradies,
Ihr klingt mir im Herzen nah und fern;
Worte der Liebe, ich trau' euch so gern.
Streng mag die Zeit, die feindliche, walten,
Darf ich an euch nur den Glauben behalten.

Wohl gibt es im Leben kein süßeres Glück,
Als der Liebe Geständnis in Liebchens Blick;
Wohl gibt es im Leben nicht höhere Lust,
Als Freuden der Liebe an liebender Brust.
Dem hat nie das Leben freundlich begegnet,
Den nicht die Weihe der Liebe gesegnet.

Doch der Liebe Glück, so himmlisch, so schön,
Kann nie ohne Glauben an Tugend bestehn;
Der Frauen Gemüt ist rein und zart,
Sie haben den Glauben auch treu bewahrt.
Drum traue der Liebe, sie wird nicht lügen,
Denn das Schöne muß immer, das Wahre muß siegen.

Und flieht auch der Frühling dem Leben vorbei,
So bewahrt den Glauben doch still und treu!
Er lebt, wenn hier alles vergeht und zerfällt,
Wie ein Strahl des Lichtes aus der besseren Welt;
Und tritt auch die Schöpfung aus ihren Schranken,
Der Glaube an Liebe soll nimmer wanken.

Drum flüstert ihr Wort der Liebe so süß,
Wie Zephyrswehen im Paradies,
Drum klingt im Herzen noch nah und fern,
Drum, Worte der Liebe, drum trau' ich euch gern.
Und wenn im Leben nichts Heiliges bliebe,
Ich will nicht verzagen, ich glaube an Liebe.